Jörg Farys
Wertvolles Expertenwissen
Bereits seit Beginn der Planung für das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) 2021 arbeiten im DZPG Betroffene und Angehörige mit. Als Erfahrungsexpert*innen sind sie Teil von lokalen und übergreifenden Gremien. Sie bereichern die Perspektiven der Forschenden mit dem Wissen, dass sie aus einer persönlichen Erfahrung mit einer psychischen Erkrankung oder durch Erfahrung als nahestehende Person gewonnen haben.
Forschungsnotwendigkeiten ausloten
Damit die Forschungsagenda sich künftig stärker an den Bedarfen von Betroffenen ausrichtet, haben die Erfahrungsexpert*innen am DZPG das Projekt KOMMIT gestartet. Das Ziel: ein Forschungskompass, der die Themen und Fragestellungen von Betroffenen bündelt. Dafür befragt das KOMMIT-Team erstmals in einer deutschlandweiten Beteiligung Betroffene und ihnen Nahestehende:
"Welche Fragen sollte die Forschung beantworten, um die psychische Gesundheit von Ihnen oder nahestehenden Personen zu verbessern?"
Mehrstufiges Beteiligungsverfahren
Für diese Betroffenenbeteiligung hat das KOMMIT-Projektteam eine Plattform konzipiert:
die Website www.kommit-deutschland.de
- Vom 22. Februar bis 14. März 2024 können Betroffene und ihnen Nahestehende in einem moderierten dreiwöchigen Online-Dialog ihre Themen einbringen. Es besteht die Möglichkeit, die Beiträge anderer zu lesen und zu ergänzen.
- Im Nachgang wertet das KOMMIT-Projektteam alle Beiträge aus und erarbeitet daraus eine Themenliste.
- Diese Themenliste wird ab Mai 2024 von Erfahrungsexpert*innen in Fokusgruppen diskutiert und präzisiert. Diese Zusammenstellung bildet die Grundlage für eine Priorisierung der Forschungsthemen.
- Im September 2024 wird die Priorisierungsliste auf dem Online-Portal veröffentlicht und Erfahrungsexpert*innen in einem zweiten bundesweiten Online-Dialog zu einer Bewertung der Themen eingeladen. Somit entsteht eine Top-10-Liste der gewünschten Forschungsthemen aus Sicht der Erfahrungsexpert*innen.
- Aufbauend darauf erarbeitet das Kernteam von KOMMIT den Forschungskompass Mentale Gesundheit, welcher voraussichtlich Anfang 2025 veröffentlicht wird. Er soll Forschenden dabei helfen, ihre Themenauswahl stärker am Bedarf der Betroffenen und Nahestehenden auszurichten.
Jörg Farys
Das bietet die Online-Plattform
Auf der Website kommit-deutschland.de stehen Informationen zum gesamten Verfahren zur Verfügung. Erfahrungsexpert*innen können über eine Eingabemaske ihre Bedürfnisse und Wünsche an die Forschung einbringen, andere Beiträge lesen und ergänzen. Die Plattform kann in 15 Sprachen übersetzt werden, damit auch Menschen mit anderen Erstsprachen als Deutsch leichter mitmachen können. Um auf dem Laufenden zu bleiben, können die Teilnehmer*innen sich für einen Newsletter anmelden. Zudem gibt es einen Themenraum für junge Menschen. Dieser ist gemeinsam in einem Workshop mit jungen Erwachsenen erarbeitet worden.
Betroffenenbeteiligung von Beginn an
Das Projektteam von KOMMIT besteht aus circa zehn Erfahrungsexpert*innen. Sie arbeiten von der Konzeptionsphase bis zum Abschluss an diesem Projekt und stimmen miteinander die Durchführung des Projekts ab. Die Leitung des Projekts haben Isabel Dziobek und Silke Lipinski inne, die am DZPG-Standort Berlin-Potsdam an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig sind. Für die Realisierung der Online-Beteiligung arbeitet KOMMIT mit Zebralog zusammen.
Übrigens: Die Buchstaben KOMMIT sind den Wörtern „ForschungsKOMpas Mentale GesundheIT“ entnommen. Der Projektname ist bewusst aktivierend gewählt, da die Iniator*innen möglichst viele Menschen aus der Zielgruppe zum Mitmachen motivieren wollen.
Partizipative Gesundheitsforschung.
"Partizipative Gesundheitsforschung" bedeutet, dass verschiedene direkt oder indirekt betroffene Personen gemeinsam Forschung betreiben, um Veränderungen zu bewirken, die Gesundheitschancen und Wohlbefinden verbessern. Dieser Ansatz kommt aus Großbritannien und hat sich international in der Gesundheitsforschung bewährt. Partizipative Forschung führt nachweislich dazu, dass Forschung qualitativ besser und relevanter wird und kann die Horizonte von Wissenschaftler*innen und Behandelnden maßgeblich erweitern. Das Ziel ist es, nicht nur über Erfahrungsexpert*innen zu forschen, sondern gemeinsam mit ihnen von der Planung bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse – wie im Projekt KOMMIT.