+++ Für ihre Bürgerbeteiligung am Haushalt ist die Stadt Solingen vom Europäischen Institut für
öffentliche Verwaltung (EIPA) mit einem Best Practice Certificate geehrt worden!
Europäischer Preis für Solinger Sparhaushalt +++
Bürgerbeteiligte Haushaltssicherung -
Maßnahmen gegen die drohende Überschuldung mit der Bürgerschaft abstimmen
"Solingen spart!“ – ist der Slogan der bürgerbeteiligten Haushaltssicherung in der Stadt Solingen, der Bürger*innen während einer drei-wöchigen Online-Phase vom 4. bis zum 25. März 2010 die Gelegenheit gab, bis ins Jahr 2013 hineinreichende Sparpläne ihrer Politik und Verwaltung zu bewerten. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, 108 Vorschläge zur Haushaltssicherung zu kommentieren und eigene Bürgervorschläge zu machen. Die Stadt hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil sie der drohenden Überschuldung nicht im Alleingang entgegenwirken, sondern die erforderlichen Maßnahmen mit ihren Bürgern abstimmen will.
Elektronische Beteiligung
Dieses Beteiligungsangebot profitiert von den Möglichkeiten des Internets: Über www.solingen-spart.de gelangt jeder interessierte Teilnehmer auf eine Online-Plattform, auf der er sich in konzentrierter und für ihn verständlicher Form mit der Haushaltssituation und den Herausforderungen vertraut machen kann. Mit einer Pro- oder Contra-Stimme können die vorgelegten Sparvorschläge sowie Vorschläge zur Erhöhung von Einnahmen bewertet und kommentiert werden. Zur Diskussion stehen ausschließlich solche Maßnahmen, die Leistungen für die Bürger*innen betreffen. Sie bilden in Summe einen Betrag von ca. 22 Millionen Euro; weitere 23 Millionen kommen durch verwaltungsinterne Sparmaßnahmen zustande.
Ergebnisse
Das Angebot kam bei den Bürger*innen an: Am Ende der drei-wöchigen Online-Phase können folgende Beteiligungszahlen registriert werden: 3.566 Besucher*innen, 25.238 Besuche (unique visitors), 4.976 Kommentare und - das ist absoluter Rekord - 152.347 Bewertungen durch PRO- oder CONTRA-Stimmen. Von den 108 Vorschlägen wurden von jedem Teilnehmenden durchschnittlich ca. 42 Vorschläge bewertet. Insgesamt wurden die eingestellten Sparvorschläge knapp 140.000-mal aufgerufen.
Die Besucher*innen durften darüber hinaus auch in ihrem Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis berichtet und so das öffentliche Bewusstsein für die Probleme der Kommune gestärkt haben. Dafür dürfte auch die intensive Berichterstattung in der örtlichen Presse gesorgt haben.
Auch wenn dieses Verfahren kein Allheilmittel für die Finanzmisere der Kommunen ist – es könnte Schule machen. Denn ähnlich wie Solingen haben auch viele andere Kommunen mit einer strukturbedingt unzureichenden Finanzausstattung und obendrein mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen. Was immer sie auch dagegen unternehmen werden, tiefe Einschnitte in den Haushalten werden unvermeidlich sein. Umso wichtiger für Verwaltung und Politik, ihre Bürger*innen über den Ernst der Lage aufzuklären und deren Meinung zu geplanten Verzichtsleistungen und Steuererhöhungen einzuholen. Solingen zeigt, wie so etwas geht. Die Großstadt Essen wird in Kürze nach dem gleichen Konzept eine Bürgerbeteiligung durchführen.
Die Ergebnisse der Beteiligung "Solingen spart!" werden in die abschließenden finanzpolitischen Beratungen der Stadt einfließen. Es wird ein Rechenschaftsbericht folgen, in dem berichtet wird, wie die Politik beraten und entschieden hat.
Konzeption und Technik
Die konzeptionelle Planung, die inhaltliche Vorbereitung und Umsetzung des Projektes wird von der Stadt Solingen mit Unterstützung von Zebralog (Bonn, Projektleitung: Dr. Oliver Märker) und dem Fraunhofer Institut IAIS (St. Augustin) realisiert. Die Plattform Dito lieferte Ontopica (Bonn), das Design DIE.PROJEKTOREN (Berlin).
Wenn Sie Fragen zu diesem oder anderen Konzepten der Bürgerbeteiligung im Rahmen der kommunalen Haushaltsplanung (Bürgerhaushalt) haben, dann kontaktieren Sie Dr. Oliver Märker oder schreiben Sie eine E-Mail an maerker@zebralog.de
Merkmale:
- 3 Wochen lang können Sparvorschläge der Verwaltung bewertet und diskutiert werden.
- Bürger*innen können auch eigene Sparvorschläge machen.
- Niedrig*schwelliges Konzept, das durch Einfachheit besticht.
- Beratung für eine wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit.
- Die Haushaltssicherung wird zum Stadtgespräch.
- Einfache redaktionelle Betreuung durch Redaktionsschnittstelle.
- Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Zebralog.
- Online-Moderation durch Zebralog.
- Automatisches Reporting nach Beendigung der Online-Phase.
- Professionelle Rechenschaft über Ergebnisverwertung an Bürgerschaft.
Veröffentlichung zum Thema und Projekt:
- Märker, Oliver und Josef Wehner (2011): "Bürgerbeteiligte Haushaltskonsoldierung - Leitideen, Verfahren, Ergebnisse -." der gemeindehaushalt 2011, 1:3-6.
Bildrechte:
InterCityImpress via Visualhunt.com / CC BY-SA